Hiroshima und Kyūshū

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Die Zugstrecke nach Kyūshū führt über Hiroshima. Genau genommen sollte ich vielleicht »auf Kyūshū« schreiben, weil ja hier alles Inseln sind, aber das klingt irgendwie komisch. Jedenfalls mache ich in Hiroshima Halt und werfe einen Blick ins Friedensmuseum (Achtung, nach der Friedensnummer steht ein ungemütlicher Paragraph bevor).

Im Stadtzentrum wird kategorisch alles nach Frieden benannt. Das Friedensdenkmal, bzw die Atombombenkuppel, ist das Gebäude, welches der Atombombe zur Detonation am nähesten war und trotzdem in Teilen noch steht. Es befindet sich im Friedenspark. Von dort aus blickt man auf die Flamme des Friedens, welche seit 1964 brennt und erst erlöschen soll, wenn es keine Atombomben mehr gibt. Das Feuer brennt zwischen zwei stilisierten Händen im Friedensteich. Weiter hinten in der selben Sichtachse befindet sich das Friedensmusem. Außerdem befinden sich im Park natürlich die Friedensglocke und das Kinder-Friedensmonument. Am südlichen Parkende stehen die Tore des Friedens. Hiroshima selbst bezeichnet sich als Stadt des Friedens und veranstaltet alljährlich eine Friedenszeremonie. Darin wird vom Bürgermeister eine Friedensdeklaration vorgetragen, in der alle Staaten zur Abschaffung von Atomwaffen aufgerufen werden und der Weltfrieden beschworen wird.

Im Museum wird man mit allem Horror traumatisiert, den so ein Atombombenabwurf über einer Stadt auslöst. Einleitend sieht man ein paar Bilder von der militärisch geprägten Stadt Hiroshima vor 1945 und ein Schulklassenfoto aus nach japanischer Perspektive unbeschwerten Zeiten. Im Nachgang wird detailliert ausgeführt, auf welche unterschiedlichen Arten alle verbrennen, verdursten, ihre Haut und ihre Haare verlieren, erblinden, stahlenkrank werden, ihre Kinder nicht mehr finden und so weiter. Die Stadt selbst zeigt sich nach der Detonation praktisch vollständig planiert, unter Asche und durch radioaktivem Niederschlag verseucht. Nur diese denkmalgewordene Gebäudekuppel steht noch. Im starken Kontrast zur deutschen Erinnerungskultur, wird die Rolle Japans im Krieg komplett verschwiegen. Die durch die Bombe ebenfalls getroffenen koreanischen Zwangsarbeiter bleiben genauso unerwähnt, wie die systematisch vom Militär zur Vergewaltigung und Misshandlung gefangenen Frauen. Mit deutschem, ausgiebig den Nationalsozialismus ausleuchtenden Schulhintergrund wirkt das Verdrängen schmerzlich geschichtsvergessen. Immerhin hält die “nie-wieder-Krieg-Einstellung” in der japanischen Gesellschaft deutlich besser durch, als in der deutschen. Im internationalen Vergleich stehen beide Bevölkerungen mit ihrer statistisch erhobenen Gewaltbereitschaft im Namen des eigenen Staats recht gut da. (Keine Sorge, die Bilder sind harmlos)

Friedensmahnmal / Atombombenkuppel

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Ein etwas weniger belastender Fakt zu Hiroshima? Die Präfektur ist überregional bekannt für ihre Zitrusfrüchte. Da ich keine begleitenden Bilder dazu habe, kommt hier meine Sammlung von Klimaanlagenaußenelementen, welche einen gewissen Charme haben, finde ich.

Ich steige jedenfalls wieder in die Bahn und fahre nach Kagoshima, wo Alex mir einen aktiven Bilderbuchvulkan versprochen hat. Der Vulkan Sakurajima ist da. Zur Zeit meines Besuchs ist er allerdings nicht sehr aktiv. Meine Zeitrafferaufnahme zeigt etwas Qualm. Im Netz finden sich richtige Vorzeigeausbrüche.

Kagoshima

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Eine Entdeckung, die ich auf dem Abstieg von meinem Aussichtspunkt mache, ist, dass diese niedlichen Spinnen von Chihiros Reise ins Zauberland offenbar gar nicht ausgedacht sind, sondern ein Vorbild aus der echten Welt haben.

Ich springe für meinen letzten Ausflug auf Kyūshū wieder in die Bahn und fahre nach Beppu. Der Kurort bietet viele zu Badehäusern umfunktionierte heiße Quellen bzw Onsen. Außerdem kann ich hier zum ersten mal den japanischen Teil des Pazifiks anfassen. Leider habe ich nicht genügend Zeit mitgebracht, um auf schönes Wetter zu warten oder die Vorzeigequellen zu besuchen. Dafür war ich im ältesten Onsen der Stadt. Eine Benimmanleitung war glücklicherweise auch für mich verständlich angebracht. Man wäscht sich vor dem Betreten des Beckens, welches so geformt ist, dass es unterschiedliche Temperaturzonen hervorbringt. Nachdem man einmal komplett aufgeweicht ist, folgt der zweite Reinigungsgang unter Zuhilfenahme eines komplett duchnässten Handtuchs. Für meine Mitbesucher scheint dies ein tägliches Ritual zu sein, das die Rasur mit einschließt. Innen sind keine Bilder erlaubt, Wikipedia kann aber mit Eindrücken aushelfen.

Pazifikstrand in Beppu

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