Singapur

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Wer Disneyland mag und sich ganz hinter die Aussage “Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten” stellen kann, wird in Singapur glücklich.

Vor meiner Einreise werde ich allerdings sehr paranoid, dass irgendjemand meinem Rucksack zu nahe kommen könnte, um mich als unwissendes Transportmedium für den Drogenschmuggel zu missbrauchen. Auf Drogenbesitz steht die Todesstrafe, welche auch umgesetzt wird. Rauchen und trinken im öffentlichen Raum ist allerdings legal und am Abend weit verbreitet. Man ist stolz auf die Integration der chinesischen, indischen und malaysischen Bevölkerungsanteile und daher wird alles, was diesen Frieden verletzt mit körperlicher Züchtigung bestraft. Wer als Mann aus Versehen in die Frauentoilette geht, geht danach zwei Jahre ins Gefängnis. Sex unter Männern ist zudem illegal. Im Übrigen habe ich Glück, meine restlichen Kaugummis aus Finnland gerade beseitigt zu haben, denn auf die Einfuhr steht eine Strafe von mehreren hundert Euro. Einige Dinge hätte ich hier persönlich anders gewichtet.

Wegen der für mich teilweise willkürlich erscheinenden Gesetzesgebung, fühle ich mich auch nie ganz wohl. Ich gehe unbesorgt vor Überfällen bei Nacht durch versteckte Gassen, habe aber Angst, den satt grünen Rasen zu betreten, weil ich nicht weiß, ob mir dafür eventuell ein Fuß abgenommen wird.

Nach den üblicherweise angesetzten Maßstäben ist das Land jedoch ein Musterbeispiel für Staatswesen. Gesundheits- und Bildungssysteme, Lebenserwartung, Wohnungsbesitz und Internetverfügbarkeit haben Vorzeigecharakter. Die Einkommen pro Kopf gehören zu den höchsten der Welt. Es ist auch eins der sichersten Länder. Überall ist es grün. Es wird nicht an Parks, begehbaren Küstenflächen und vor allem Fassadenbegrünung gespart. Das Tropenwetter hilft da vermutlich. Der öffentliche Personennahverkehr funktioniert hervorragend. Ein Ticket braucht man nicht. Beim Ein- und Ausstieg hält man schlicht und überwachungskompatibel die Kreditkarte an einen Sensor.

Vor allem nehme ich Singapur aber als ein kommerzielles Paradies wahr. Der Hafen hier ist ein günstiger Zwischenhalt für Schiffe aus China, weshalb Elektronikprodukte sehr billig zu haben sind. Das fällt besonders im Vergleich zu allen anderen Preisen auf und Konsumgelegenheiten sind allgegenwärtig. Wikipedia meint, Singapur ist seit neun Jahren die am teuersten zu bewohnende Stadt überhaupt. Freizeitaktivitäten kommen vorverpackt und durchgeplant als Erfahrungseinheiten, die sich preisgestaffelt von der Stange konsumieren lassen.

Ein paar dieser Aktivitäten nehme ich mit. Kostenlos sind etwa die künstlichen Riesenbäume in der Marina Bay. Jeden Abend gibt es eine 45 minütige Lichterschau, welche, fokussiert auf die musikalischen Höhepunkte, familienfreundliche Popmusik optisch untermalt. Lautsprecherdurchsagen ermutigen dazu, Kameras auszupacken und Bilder zu teilen. Dem leiste ich hiermit Folge:

Super Grove Trees & Marina Bay Sands Tower

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Einen weiteren Ausflug mache ich zum Aquarium. Die Buchung geht nur online. Persönliche Daten werden weitergegeben. Das Aquarium selbst ist ziemlich groß, vielfältig und arbeitet insbesondere in den Quallenbecken großzügig mit farbigen LEDs.

Das ArtScience Museum hat leider gar keine Science und die Art beschränkt sich auf ein paar an die Wand projizierte, bildschirmschonertaugliche Animationen. Ich vermute, das gesamte Museum lebt von seiner außen auffälligen Architektur und von seinem letzten Raum, bestehend aus LED-Streifen und Spiegeln, der wirklich recht beeindruckend ist, wenn man durchläuft. Selfies darin sind natürlich begehrt und Personal passt auf, dass einzelne Gruppen nicht zu lang verweilen.

Meine Wandertour durch die tropischen Parks fand ich auch sehr erhellend. Alles was in gemäßigten Breiten als Zimmerpflanze zu finden ist, fungiert hier als Bodendecker.

Ein paar als Nahrung vertraute Pflanzen sehe ich hier auch zum ersten Mal lebendig.

Pfeffer

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In Singapur betrete ich schließlich meinen bislang südlichsten Punkt auf dem Globus. Über den Äquator habe ich es nicht ganz geschafft.

1,24°N

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Insgesamt bleibe ich eine gute Woche in Singapur, bis ich weiter in den Nordosten fliehe. Auf dem Weg habe ich noch einen Halt vor der Datumsgrenze – Südkorea.

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